Liebe steht im Mittelpunkt

Im Rahmen der Woche der Diakonie fand am Sonntag, 8. September, um 11.00 Uhr, ein Gottesdienst in der St. Mauritius-Kirche statt.

Pastor i.R. Bernd Ranke, Nicole Jimu, Patience Jimu, Sindy Niedrich (v.l.n.r.)

#aus Liebe – so lautete das Motto des diesjährigen Gottesdienstes am Diakoniesonntag, 8. September, der um 11.00 Uhr in der St. Mauritius Kirche Hardegsen von Pastor i.R. und Geschäftsführer Bernd Ranke zusammen mit  Patience Jimu und Sindy Niedrich vom  Team der Tagespflege Lutterhausen gestaltet wurde. Nicole Jimu zusammen mit  ihrer Mutter Patience ein Lied gesungen, das alle sehr berührt hat. In diesem Gottesdienst wurde an die Ursprünge der Diakonie vor über 175 Jahren in Deutschland und in Hardegsen erinnert. Außerdem ging es um die Frage, wie heute tätige Nächstenliebe konkret erfahrbar gemacht wird. Wie Diakonie durch ihre Angebote auf die Bedürfnisse von älteren Menschen eingeht und ihnen zur Seite steht, haben zwei Erfahrungsberichte aus der Arbeit der Tagespflege beispielhaft aufgezeigt.

„In Hardegsen ist seit über 100 Jahren die Diakonie ein ganz wichtiger Bestandteil der Kirchengemeinde. Sie war und ist damals wie heute ein wichtiger Beitrag, konkret hilfebedürftigen Menschen zur Seite zu stehen. Es ist tatkräftige Nächstenliebe, jeden Tag. Eine Arbeit, die herausfordert, aber auch eine tiefe Zufriedenheit und Erfüllung bringen kann“, sagt Bernd Ranke, der seit 2010 Geschäftsführer der Diakoniestation ist.

Die Predigt ist im Folgenden zu lesen. Nähere Informationen über die Diakoniestation unter www.diakonie-mauritius.de

Predigt für den Gottesdienst am Diakoniestation 8.9.2024 in St. Mauritius Hardegsen

 

Lk, 10,25-37

Da kam ein Schriftgelehrter
und wollte Jesus auf die Probe stellen.
Er fragte ihn: »Lehrer, was soll ich tun,
damit ich das ewige Leben bekomme?«

26Jesus fragte zurück: »Was steht im Gesetz?
Was liest du da?«

27Der Schriftgelehrte antwortete:
»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit deinem ganzen Herzen,
mit deiner ganzen Seele,
mit deiner ganzen Kraft
und mit deinem ganzen Denken.«
Und: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.«

28Jesus sagte zu ihm: »Du hast richtig geantwortet.
Halte dich daran und du wirst leben.«

29Aber der Schriftgelehrte wollte sich verteidigen.
Deshalb sagte er zu Jesus:
»Wer ist denn mein Mitmensch?«

30Jesus erwiderte:
»Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho.
Unterwegs wurde er von Räubern überfallen.
Sie plünderten ihn bis aufs Hemd aus
und schlugen ihn zusammen.
Dann machten sie sich davon
und ließen ihn halb tot liegen.

31Nun kam zufällig ein Priester denselben Weg herab.
Er sah den Verwundeten und ging vorbei.

32Genauso machte es ein Levit, als er zu der Stelle kam:
Er sah den Verwundeten und ging vorbei.

33Aber dann kam ein Samariter dorthin,
der auf der Reise war.
Als er den Verwundeten sah, hatte er Mitleid mit ihm.

34Er ging zu ihm hin,
behandelte seine Wunden mit Öl und Wein
und verband sie.
Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier,
brachte ihn in ein Gasthaus und pflegte ihn.

35Am nächsten Tag holte er zwei Silberstücke hervor,
gab sie dem Wirt und sagte:
›Pflege den Verwundeten!
Wenn es mehr kostet,
werde ich es dir geben, wenn ich wiederkomme.‹

36Was meinst du:
Wer von den dreien ist dem Mann,
der von den Räubern überfallen wurde,
als Mitmensch begegnet?«

37Der Schriftgelehrte antwortete:
»Der Mitleid hatte und sich um ihn gekümmert hat.«
Da sagte Jesus zu ihm:
»Dann geh und mach es ebenso.«

Liebe Gemeinde,

Not sehen und helfen, einen Verletzten in der Einöde versorgen, ihn mitnehmen und dann sicherstellen, dass er alles hat, um wieder gesund zu werden. Das macht der Samariter, der von den drei beschriebenen Männern, eigentlich am allerwenigsten einen Grund hätte, dem Israeliten zu helfen. Gehörte er doch einem Volk an, das im Alltag möglichst wenig mit den Israeliten zu tun haben wollte, denn sie waren sich feind. Aber nur er war es, der half. Der Priester und der Levit, sahen ihre Reinheit gefährdet, war sich selbst die Nächsten und gingen einfach vorbei.

In der diesjährigen Woche der Diakonie blicken wir zurück auf die Anfänge der Inneren Mission, die als Vorläuferin des Diakonischen Werkes betrachtet werden kann. Und ein Name ist mit diesen Anfängen eng verbunden: Johann Hinrich Wichern. Er wurde am 21.4.1808 in Hamburg geboren, wuchs in einfachen Verhältnissen auf, nach dem Tode seines Vaters konnte er nicht weiter zu Schule gehen. Ein Stipendium ermöglichte ihm dann den Besuch des Gymnasiums und das Theologiestudium. Er bekam keine reguläre Stelle, weil es zu viele Theologen damals gab, sondern wurde Kandidat der Theologie und bekam die Leitung des Rauhen Hauses übertragen. Dort entwickelte er ein modernes Konzept der Pädagogik, die Grundlage für die moderne Sozialpädagogik. Er sah die Not von Kindern und Jugendlichen. Statt wie damals üblich sie in Besserungsanstalten zu stecken, entwickelte das Konzept des Familienprinzips. Jugendliche bekamen ein neues Zuhause, erhielten eine gute schulische und berufliche Bildung, sie wurden ohne Repressalien gefördert und wurden im Rauhen Haus in die Gesellschaft integriert.

Noten sehen und helfen, das war auch das Ziel, dass zum Aufbau der Diakonie in Hardegsen geführt hat. Die Kirchengemeinde wollte Familien zur Seite stehen, in denen die Mutter erkrankt war und eine Gemeindeschwester dann deren Aufgaben übernahmen. Kranke wurden versorgt, älteren Menschen gepflegt. Anfangs fuhr die Schwester mit dem Fahrrad umher, später wurde ein Auto angeschafft. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Bedarf größer, dann kam die Pflegereform und es wurde eine Pflegeversicherung eingeführt. So entstand aus deiner Gemeindeschwesternstation mit anfangs einer Schwester, später dann mehreren Pflegekräfte der ambulante Pflegedienst der Diakoniestation, wie sich die ehemalige Gemeindeschwesterstation heute nennt. Vor vielen Jahren wurde dann BeiDeA ins Leben gerufen. Ein Angebot für Demenzerkrankte, die zwei Mal am Nachmittag für drei Stunden betreut werden und gleichzeitig ist dies eine Entlastung für die Angehörigen. Heute gibt gibt es auch ein weiteres Angebot am Vormittag, wo man sich zum Gedächtnistraining trifft.

Not sehen und helfen, Pflegebedürftige fördern, gutes Essen, Gemeinschaft, Sport, Angebot für Körper und Geist im Rahmen ihrer Möglichkeiten, das war auch das Motiv für den Bau der ersten Tagespflege 2018 in Lutterhausen und die Eröffnung der Tagespflege in Moringen in gemieteten Räumen.

Ein großes Problem ist das Alleinsein. Die Zahl der Menschen mit einer dementiellen Erkrankung nimmt zu und für die Angehörigen ist das ein großes Problem. Am Wochenende könnten die berufstätigen Kinder sich um die Mutter, den Vater kümmern. Aber was ist von Montag bis Freitag? Kann ich sicher sein, dass es meiner Angehörigen auch gut geht und dass sie nichts tut, was sie gefährdet? Unbedacht über die Straße gehen oder das Essen auf dem Herd vergessen. Hier schließt die Tagespflege eine wichtige Lücke:

An einem oder mehreren Tagen in der Woche erleben die Pflegebedürftigen Gemeinschaft, werden an Körper und Geist gefördert, bekommen leckere Mahlzeiten, trinken genügend und so vergeht die Zeit im Fluge. Und es ist auch immer wieder Zeit für Gespräche. Die Pflegekräfte haben ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte.

In dem wir die Lücke geschlossen haben, können jetzt unsere Gäste längere in ihren vier Wänden bleiben, die ihnen vertraut sind. Der Aufenthalt im Heim wird herausgezögert oder sogar ganz vermieden. Das entspricht auch dem Wunsch vieler älterer Menschen, möglichst lange zu Hause leben. Aber das geht nur, wenn es ihnen an nichts fehlt.

Jetzt bitte ich Patience und Sindy einmal nach vorne zu kommen. Wir haben Beispiele gehört, wie tätige Nächstenliebe aussieht. Wir haben jetzt die Chance von zwei Menschen, die täglich in der Tagespflege in Lutterhausen tätig sind, zu hören, was sie motiviert, diese Arbeit zu tun.

Patience

Liebe Gemeinde,

ich bin froh, dass ich in einer schönen Gemeinschaft wie Hardegsen gelandet bin, wo ich die Chance bekommen habe, meinen Wert zu zeigen.  Ursprünglich komme ich aus Simbabwe, aber ich bin Hardegserin  geworden, und ich liebe es!

Seit ich mit meinen Kindern in 2016 nach Deutschland gekommen bin, haben wir nur Liebe und Unterstützung erhalten. Als ich 2019 zur Diakonie kam, wollte ich wertvoll sein und diese Liebe zurückgeben, und ich habe den perfekten Ort dafür gefunden - Die Tagespflege.

An erster Stelle steht mein Wunsch, Menschen zu helfen, die zwar über alle materiellen Ressourcen verfügen, aber nicht mehr selbstständig sind, um Dinge für sich selbst zu tun, zum Beispiel aufgrund einer körperlichen oder psychischen Erkrankung. Helfen zu können und Lächeln zu sehen ist wertvoll und lässt mich stolz nach Hause gehen.

Zweitens motiviert mich mein christlicher Hintergrund und der Glaube an Gott, für die Werte und Rechte der Menschen einzustehen, die Menschen fair zu behandeln, dadurch finde ich inneren Frieden und Ruhe.

Die Arbeit in der Tagespflege ist es eine sinnvolle Arbeit. Die positiven Veränderungen im täglichen Leben der Gäste durch verschiedene Aktivitäten wie Sport und Gedächtnistraining zu sehen, und ihren Angehörigen Erleichterung zu verschaffen macht mir Freude.

Zu guter Letzt schätze ich unsere Zusammenarbeit als Team, das Verständnis, das wir füreinander haben. Unser Team hat das Ziel stets die Gäste in ihrer Individualität zu fördern und als Team sind wir stolz darauf, sagen zu können, dass wir dieses Ziel immer erreichen werden.

Vielen Dank

Verfasserin: Patience Jimu

Sindy

Liebe Gemeinde,

für mich ist Nächstenliebe weit mehr als nur ein Gefühl – sie ist eine Haltung, die sich im Alltag zeigt. Sie bedeutet, für andere da zu sein, besonders für die, die oft vergessen werden oder die es schwerer haben.

In meiner Arbeit in der Tagespflege habe ich das Privileg, Menschen im hohen Alter zu begleiten. Jeder von ihnen hat eine Lebensgeschichte, voller Erfahrungen, Erinnerungen 8und Weisheit. Aber mit dem Alter kommen auch die Herausforderungen – die Kräfte lassen nach, das Gedächtnis schwindet und manchmal bleibt das Gefühl der Einsamkeit.

Hier sehe ich meine Aufgabe: Ihnen Aufmerksamkeit, Geduld und vor allem Liebe zu schenken. Es ist ein Geschenk, für die da zu sein, ein Lächeln zu teilen, zuzuhören oder einfach da zu sitzen und gemeinsam die Zeit zu verbringen. Diese kleinen Gesten – die oft so selbstverständlich erscheinen – haben in der Nächstenliebe eine tiefe Bedeutung. Sie zeigen den Menschen: „Du bist wertvoll, du bist nicht allein.“

Diese Momente, in denen man wirklich zuhört und versteht, wie es den Menschen geht, sind so wertvoll. Es geht nicht nur darum, eine Aufgabe zu erfüllen, sondern darum, eine Verbindung herzustellen.

Jesus hat uns die Nächstenliebe vorgelebt, indem er sich den Menschen zugewandt hat, die Hilfe brauchten – egal, wer sie waren. In der Pflege geht es nicht nur um körperliche Unterstützung, sondern vor allem darum, den Menschen in ihrer Würde zu begegnen, sie zu respektieren und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie geliebt und geschätzt werden. Es ist beeindruckend, wie sehr sich Menschen öffnen, wenn sie spüren, dass ihnen mit Liebe und Mitgefühl begegnet wird. Sie fangen an Geschichten zu erzählen, Augen beginnen zu leuchten – und in diesen Momenten wird klar: Nächstenliebe bedeutet, Menschen zu sehen, wie sie wirklich sind.

Meine Motivation ist also ganz einfach: Durch meine Arbeit kann ich ein Stück Nächstenliebe weitergeben. Es ist eine Liebe, die keine großen Worte braucht, sondern in kleinen Taten sichtbar wird. Und ich glaube fest daran, dass jede noch so kleine Geste der Liebe das Leben der Menschen bereichert – und auch mein eigenes. Denn jede Begegnung lehrt auch mich etwas über Geduld, Dankbarkeit und Mitgefühl. In der Nächstenliebe liegt eine Kraft, die nicht nur andere, sondern auch uns selbst verändert.

Dankeschön!

Verfasserin: Sindy. Niedrich

Aus ihren Worten höre ich viel Liebe und Engagement. Für beide ist der Beruf nicht einfach ein Job zum Geldverdiensten Bei ihnen stehen die Menschen im Mittelpunkt. Sie möchten jeden Tag neu, für sie da sein, ihnen geben, was sie brauchen.

Am Ende steht für jeden von uns die Frage im Raum:

Wer ist mein Nächster? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie klärt sich, wenn wir mit offenen Augen uns umsehen. Wo wir Not sehen, wo wir erkennen, dass wir hier helfen können, auf der Arbeit, in der Schule, in der Nachbarschaft, dann wird die Frage beantwortet. Wir können nicht die ganze Welt retten, wir können auch nicht alle Probleme lösen. Aber wenn wir dort wir stehen, die Augen und unser Herz öffnen, können wir die Welt etwas heller, etwas besser machen, können wir einem Menschen helfen, der für uns dann zu unserem nächsten geworden ist.

P.i.R. Bernd Ranke