Mauritius-Bote 09/23

Woche der Demenz im September! Ein wichtiges Thema: wir möchten darüber sprechen und uns beteiligen.

Woche der Demenz 2023 - "Die Welt steht Kopf"

Es ist ein Thema, das uns alle etwas angeht: Demenz. Die meisten von uns haben einen Menschen in der Familie oder im Bekanntenkreis, der an Demenz leidet. Einige von uns sind selbst betroffen. Seit 1994 wird jedes Jahr am 21. September ein Welt-Alzheimer-Tag veranstaltet, gerahmt von einer ganzen Woche der Demenz, die in diesem Jahr vom 18. bis zum 24. September stattfindet. Ziel ist es, ein Bewusstsein für das Thema Demenz zu schaffen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und Gespräche anzustoßen.

Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Immerhin sind weltweit etwa 55 Millionen Menschen davon betroffen, davon ca. 1,8 Millionen allein in Deutschland. Umso wichtiger ist es, Bescheid zu wissen, am besten schon bevor man im eigenen Leben damit in Berührung kommt. Inmitten unseres oft anstrengenden Alltags gehen solche Themen aber allzu leicht unter. Genau dafür ist dieses Angebot gedacht. Es ist eine Möglichkeit, inne zu halten und uns bewusst zu werden, wie sehr uns alle dieses Thema etwas angeht. Als Betroffene, als Angehörige, als Freunde, als Pflegende und als Mitmenschen.

Kein Mensch ist eine Insel:

ein berühmtes Zitat des Dichters John Donne. Auch wenn das Zitat fast genau 400 Jahre alt ist, so ist es doch auch jetzt noch zutreffend und wird es auch in 400 Jahren noch sein. Die Diagnose „Demenz“ kann dazu führen, dass man sich einsam fühlt. Als Betroffener fragt man sich: Kann ich noch ein Teil der Gesellschaft sein? Als Angehöriger fragt man sich: Wie soll ich das schaffen? Beide fragen sich: Wird mir jemand helfen? Doch niemand muss und soll diese Krankheit allein bewältigen. Dazu kann jeder von uns etwas beitragen. Demenz sollte nämlich nicht bedeuten, dass man kein Teil der Gemeinschaft mehr sein kann.

„Altes Wissen, Lieder und Gedichte sind noch lange im Gedächtnis erhalten“, sagt Elisabeth Nowinski, Pflegedienstleitung der Tagespflegen St. Mauritius in Lutterhausen und Moringen. „Und es ist für die junge Generation interessant, Geschichten von früher zu hören, sozusagen von Zeitzeugen. Auch in der Demenz kann man Gefühle teilen, zusammen lachen und weinen.“

Patience Jimu, Pflegefachkraft in der Tagespflege Lutterhausen, sagt: „Demenzerkrankte Menschen sind kognitiv beeinträchtigt, können aber körperlich aktiv sein. Sie sind oft noch handwerklich geschickt oder können Aktivitäten wie Blumenpflege und Gartenarbeit zu Hause machen, oder Hausarbeiten wie Backen und gemeinsames Vorbereiten von Mahlzeiten. Bei uns in der Tagespflege werden zum Beispiel auch keine Geburtstagskarten gekauft, wir basteln!“

„Die Welt steht Kopf“: das ist das Motto, unter dem die Woche in diesem Jahr steht.

Denn die Diagnose stellt die Welt erst einmal auf den Kopf. Ein Stück Normalität geht verloren, Dinge müssen sich notgedrungen ändern, neue Lösungen müssen gefunden werden. Das verunsichert und macht Angst. Es gibt Dinge, die man auf einmal nicht mehr kann. Man muss lernen, sich helfen zu lassen. Das ist sicherlich viel schwieriger, als man es sich vorstellen kann, wenn man nicht selbst betroffen ist. Denn es bedeutet auch, ein Stück Selbstständigkeit aufzugeben. Angehörige müssen dafür sorgen, dass die Betreuung gesichert ist.

„Viele Menschen sind sehr verunsichert“, sagt Elisabeth Nowinski. „Gerade am Anfang macht es Angst, wenn vieles vergessen wird. Sie fühlen sich zeitweise orientierungslos und unsicher. Für viele ist es auch schwer, dass sie auf Hilfe angewiesen sind. Demenzerkrankte nehmen ihre Umwelt zunehmend anders war, als orientierte Menschen. Personen, Ereignisse und Routinen werden vergessen. Es ist wichtig, weiterhin einen respektvollen Umgang zu pflegen. In Gesprächen ist es hilfreich, das Gefühl hinter dem Gesagten zu verstehen, da Demenzerkrankte sich zunehmend nicht mehr ausdrücken können.“

„Es hilft, individuelle Gewohnheiten und Rhythmen beizubehalten“, sagt Patience Jimu. „Es ist gut, wenn  demenzerkrankte Menschen den gleichen Tagesablauf einhalten um Sicherheit zu haben und die Orientierung zu verbessern. Sie neigen dazu frustriert zu sein, vor allem dann, wenn sie nicht mehr das tun können, was sie früher getan haben.“

Unterstützung ist vielfältig.

In der Tagespflege und im ambulanten Dienst ist unser oberstes Ziel das Erhalten von Unabhängigkeit. Patience Jimu beschreibt, wie in den Tagespflegen zum Beispiel feste Zeiten für den Frühsport eingehalten werden, oder auch Rollatoren bereitgestellt werden um das Sturzrisiko zu verringern. Sie erklärt, dass es wichtig ist, bei fortgeschrittener Demenz einfache Sprache zu verwenden, Ja-Nein-Fragen zu stellen und nicht mit zu vielen Alternativen zu überfordern. „Man muss Geduld und Verständnis haben, immer, in allen Bereichen, und sich Zeit lassen. Man muss Respekt haben und darf Demenzerkrankte nicht anders behandeln als andere Menschen. Bei unterschiedlichen Phasen von Demenz sollte man auch auf Halluzinationen und verstärkte Verwirrtheit achten.“ Sie weist weiterhin darauf hin, dass es oft hilft, über Interessen zu sprechen und das Gedächtnis zu fördern um Sicherheit zu bringen. „Es ist wichtig, zu helfen, aber  gleichzeitig die Unabhängigkeit der Menschen zu fördern.“

Es ist ein Zeichen von Stärke, um Hilfe bitten zu können.

Immer wieder gibt es im Leben Situationen, die wir nicht mehr alleine meistern können. Das ist ganz normal. Und wenn es Menschen gibt, die behaupten, niemals Hilfe zu benötigen, so liegt das vielleicht an der Angst, als schwach angesehen zu werden. Doch selbst Superhelden arbeiten so gut wie nie allein. Deshalb ist es auch eine starke Entscheidung, einen Pflegegrad zu beantragen, sich einen ambulanten Pflegedienst und einen Platz in einer Tagespflege zu suchen.

Elisabeth Nowinski erklärt: „Der Umgang mit Demenzerkrankten ist Bestandteil der Pflegeausbildung. In regelmäßigen Fortbildungen werden die Mitarbeitenden der Tagespflege geschult. In wöchentlichen Fallbesprechungen werden schwierige Situationen aufgearbeitet und gemeinsame Strategien besprochen. Bei Menschen mit Demenz ist die Orientierung zeitlich, situativ und örtlich mehr und mehr eingeschränkt. Hier brauchen die Betroffenen Unterstützung. Eine gleichmäßige Tagesstruktur hilft hier sehr. Pflegekräfte können vermitteln, erinnern und helfen, Beziehungen zu ermöglichen.“

„Durch Fort- und Weiterbildungen, Seminare oder auch in regelmäßigen Dienstbesprechungen kann man ein klares Verständnis dafür bekommen, wie man mit Demenzerkrankten arbeitet. Mit Biographiearbeit und durch Gespräche mit Angehörigen kann man in der Lage sein, demenzerkrankten Menschen zu helfen“, sagt Patience Jimu.

Wir machen mit!

Auch wir möchten uns in diesem Jahr beteiligen und Demenz in unseren Tagespflegen thematisieren, sowie uns an einem Gottesdienst zum Welt-Alzheimer-Tag in Hardegsen am 24. September beteiligen. Das Leitwort dieses Gottesdienstes ist das Kaleidoskop. Ein Röhrchen, durch das man bunte Farben sieht. Dreht man es, so ergeben sich immer neue Muster. So kann es auch mit Demenz sein. Die Welt dreht sich weiter, doch alles sieht plötzlich anders aus. Schön kann es aber trotzdem sein.


Hilfe in Form von Beratung erhalten Sie auch bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Diese können Sie unter der Telefonnummer 030 259 37 95 14, der Email-Adresse info@deutsche-alzheimer.de oder auch über die Website www.deutsche-alzheimer.de erreichen. Dort erhalten Sie Hilfe und Beratung zu allen Themen rund um Demenz.